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Kurzgeschichte

Lilly, der lilane Drache und der hübsche Hase

Eine Kurzgeschichte über das Aussehen. Achtsamkeit und Resilienz für Kinder

Eine Kurzgeschichte über Achtsamkeit für Kinder
Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay 

Lilly öffnete langsam ihre Augen. Die Sonne strahlte warm in ihr Gesicht. Langsam streckte sie ihren Hals in den Himmel und schaute sich um. So wie sie dasaß, war sie bereits so groß wie ein Hochhaus. Um sie herum war alles noch still und verschlafen, nur die Vögel zwitscherten ihren Morgengruß. Leise rasselten die Blätter und das Gras vom sanften Wind. „Heute wird ein guter Tag!“, dachte sich Lilly. Gähnend stellte sie sich auf ihre Beine, streckte ihre Flügel aus und räkelte sich, um wach zu werden. Sie schüttelte ihren Kopf, um die letzten Spuren ihres Schlafs und den Träumen wegzuschicken. 

Summend begab sich Lilly zum nächstgelegenen Bach, um sich zu erfrischen. Nach ein paar Schlucken bemerkte Lilly, dass es noch jemanden hier am Bach gab. Sie schaute auf und entdeckte den Hasen Hani. Hani schaute ganz traurig und verzweifelt in eine Pfütze und seufzte ganz laut dabei. Neugierig stapfte Lilly zu Hani und fragte: „Lieber Hani, was ist mit dir? Warum stöhnst du so laut? Tut dir etwas weh?“ Hani antwortete lahm: „Oh, hallo Lilly! Nein, liebe Lilly. Mir tut nichts weh. Ich bin nur so unglücklich, weißt du?“

„Das ist aber schade, lieber Hani, warum bist du denn unglücklich?“, fragte Lilly besorgt.

„Naja, guck mich doch mal an. Ich habe solche riesen großen Ohren, und riesige Zähne. Außerdem ist mein Puschelschwanz viel zu klein im Gegensatz zu den anderen Hasen. Ich hätte viel lieber kleinere Ohren und kleinere Zähne. Dann wäre ich glücklicher und dann hätte ich auch bestimmt mehr Freunde.“, seufzte Hani und blickte weiterhin traurig in sein Spiegelbild.

„Aber lieber Hani, ich finde du siehst ganz toll aus! Deine großen Ohren und deine großen Zähnen machen dich doch so besonders.“, versuchte Lilly den Hasen aufzumuntern.

„Ich möchte aber nicht besonders sein, ich möchte so wie alle anderen aussehen und viele Freunde haben.“, erwiderte Hani verzweifelt.

Nachdenklich schaute Lilly auf Hani und fragte sich, wie sie ihm nur helfen kann. 

Abends, an ihrem Platz auf dem Felsen, auf dem sie über den gesamten weiten Wald blicken kann, dachte Lilly wieder an Hani. Sie wollte ihm etwas Gutes tun und da Lilly Zauberkräfte hat, entschied sie sich, diese für den Hasen einzusetzen. Sie schloss ihre Augen und stellte sich den Hasen ganz genau vor. 

Durch einen Zauberspruch verwandelte sie ihn so, wie er sich selbst gerne haben wollte: mit kleineren Ohren, kleineren Zähnen und einem größeren Puschelschwanz.

Es vergingen ein paar Morgende, bis Lilly Hani erneut am Bach getroffen hat. Hani sah genauso aus, wie er immer aussehen wollte. Erneut blickte er in sein Spiegelbild in der Pfütze. Lilly schlenderte mit einem wissenden Grinsen zu Hani und sagte: „Lieber Hani, wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Du hast dich aber ganz schön verändert!“

„Jaaah, das stimmt.“, sagte Hani traurig. „Ich habe jetzt kleinere Ohren und Zähne und einen größeren Puschelschwanz.“

„Und, bist du jetzt glücklich? Hast du mehr Freunde?“, fragte Lilly neugierig.

„Weißt du, liebe Lilly, ich habe tatsächlich mehr Freunde. Doch mit diesen Freunden habe ich nichts gemeinsam. Wir sind ganz unterschiedlich und mit ihnen zusammen spielen macht keinen Spaß. Sie liegen viel lieber den ganzen Tag in der Sonne oder putzen sich, sie wollen ihr schönes Fell nicht ruinieren. Keiner möchte mit mir spielen und ich fühle mich auch nicht gemocht. Mit meinen alten Freunde hatte ich viel mehr Spaß, mit denen konnte ich raufen und so sein wie ich bin.“, sagte Hani betrübt.

„Das tut mir leid, dass du nicht glücklicher geworden bist. Was meinst du denn, würde dich glücklich machen?“, hakte Lilly nach.

„Ich glaube ich habe gelernt, dass mein Glück nichts mit meinem Aussehen zu tun hat. Ich seh‘ viel lieber so aus, wie ich ausgesehen habe und würde gerne wieder mit meinen alten Freunden spielen. Das waren Zeiten, in denen ich wirklich glücklich war. Das sehe ich jetzt. Irgendwie vermisse ich auch meine großen Ohren und Zähne, die haben so zu mir gehört und mich zu dem gemacht, was ich bin.“, erkannte Hani.

Lächelnd blickte Lilly auf den Hasen: „Es freut mich, dass du gemerkt hat, dass das Glück nichts mit deinem Aussehen zu tun hat. Wir sind alle besonders, genauso, wie wir sind. Nur dadurch, dass wir erkennen, dass andere anders aussehen und dass es kein perfektes Aussehen gibt, schaffen wir es, uns selbst so zu mögen, wie wir sind. Lieber Hase, ich verwandle dich gerne in dein altes Äußeres zurück. Denn wie du wahrscheinlich gemerkt hast, kommt unser eigentliches Glück von innen.“

„Könntest du das machen? Das wäre wundervoll!“, freute sich Hani. Und mit einem leisen Zauberspruch, erstrahlt der Hase zunächst in einem grell-gelben Licht, um kurz darauf wieder ganz wie der alte Hani auszusehen. „Vielen Dank liebe Lilly, vielen lieben Dank! Jetzt weiß ich es zu schätzen wie ich aussehe und kann so sehr wohl glücklich sein. Vielleicht habe ich jetzt nicht mehr viele Freunde, aber dafür habe ich die richtigen Freunde an meiner Seite!“, jubelte Hani.

Die beiden verabschiedeten sich voneinander und gingen ihren eigenen Weg des Glücks weiter.

Nach dem Lesen:

  1. Warum war Hani der Hase am Anfang so unglücklich? 

Hani war unglücklich mit seinem Aussehen. Er dachte, dass wenn er kleine Ohren und Zähne und einen größeren Puschelschwanz hätte, glücklicher wäre und mehr Freunde hätte.

  • War der Hase glücklicher nach seiner Verwandlung? Warum?

Der Hase war nicht glücklicher nach seiner Verwandlung. Er hat gemerkt, dass er gar nicht zu den anderen Hasen passt, die alle kleinere Ohren und Zähne und größere Puschelschwänze hatten. Er wollte sein altes Aussehen zurückhaben und mit seinen alten Freunde spielen.

  • Gibt es etwas an deinem Aussehen, was dich stört? Warum?

(Vielleicht hier selber etwas zeigen, was einem an einem selbst stört und warum. Und wie man selbst damit umgeht.)

  • Was kannst du tun, wenn du dich auf dein eigenes Aussehen oder deine angeblichen Fehler versteifst?

Nur, wenn man sich auf seine angeblichen Fehler versteift, und sich ständig einredet, dass man zu klein oder zu groß oder zu dick oder dünn ist, dann macht man sich selbst unglücklich. Viel schöner ist es, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist. Schönheit kommt von innen, genauso wie Glück. 

Du kannst dir selbst sagen: Ja, ich bin kleiner als alle anderen. Dafür bin ich aber wendiger und passe durch Löcher hindurch. Oder ja, ich bin wahrscheinlich dicker als andere, aber ich esse nunmal gerne und genieße es verschiedene Geschmacksrichtungen auszutesten. Ich bin kein schlechterer Mensch als andere. Ich darf glücklich sein egal, wie ich aussehe.

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